Wer einmal durch einen Blumengarten in voller Blüte bei Nacht spaziert ist, versteht sofort die Faszination von Ali Lanengas „Fioritura“ – der Schein von Blumen im Mondlicht – reizvoll, weil er die Schönheit der Blüten erahnen lässt, und gleichzeitig geheimnisvoll durch die leicht phosphoreszierende Erscheinung. Wie Ali Langenga es ausdrückt, es ist als würde die Blüte des Sommers in den eigenen Träumen weiterleben. Wenn man sich dann noch den betörenden Geruch eines Sommergartens dazu denkt, ist das Bild perfekt.
Ali Lanengas Kunstwerk ist bereits als Druck erschienen – warum dann also eine Emaillekunsttafel? Was ist der „Mehrwert“? Das geht nur mit etwas Neuem und Besonderen. Emaille gibt Klarheit und Glanz – das Leuchten in der Nacht sollte augenscheinlich sein. Emaille erlaubt reliefartig Konturen herauszuarbeiten – die Blumen sollen erspürbar sein. Kurz, es geht darum „Fioritura“ zum Leben zu erwecken. Und es sollte gleichzeitig ein Kunstdruck und ein Schild entstehen – eine weitere Verbindung. Wir alle kennen die klassischen Schilder mit lateinischen Blumenbezeichnungen in botanischen Gärten.
Die Umsetzung der Idee war eine Reise durch die Techniken der Emailleschilderherstellung. Wir brauchten sicherlich eine Kombination mehrerer Techniken. Reliefartige Konturen lassen sich durch Schablonieren und das Einfüllverfahren erstellen. Schablonieren ist eine der ältesten Herstellungsarten in der Schilderproduktion. Sie eignet sich besonders für klare Graphiken und hat den Vorteil, dass sie auch auf gewölbten Schildern eingesetzt werden kann. Interessanterweise wird Schablonieren durch „Ausbürsten“ oft im Negativverfahren angewandt. Man trägt eine Deckemaille auf und bürstet sie dann um die Schablone herum weg. So bleibt die Farbe nur unter der Schablone und wird auf das Schild eingebrannt.
Das Einfüllverfahren ist die Spezialität des „Emailleschriftenmalers“. Leider wird dieser Ausbildungsberuf nicht mehr gelehrt und es gibt noch einige wenige, die dieses Handwerk beherrschen. Dabei werden die Konturen der Schrift mit einer fetthaltigen, wasserabweisenden Deckschicht nachgezeichnet und dann wird Nassemaille „eingefüllt“. So entsteht beim Brennen ein zuckergussartiges Buchstabenrelief. Unser Firmenschild „emailleart“ wurde so hergestellt. Bei „Fioritura“ sind die Konturen der Schmuckkörbchen aber zu großformatig. Daher ist das Bild zweimal dick mit weißer Emaille schabloniert und gebrannt worden, um die Schmuckkörbchenkonturen spürbar zu machen.
Den Glanz der unterschiedlichen Blautöne zu erzielen war die nächste Herausforderung. Der erste Ansatz war der Digital- oder Rastervierfarbendruck. Wir haben Vierfarbendruck erfolgreich bei unserem Cappiello „Cognac Monnet“ eingesetzt. Aber bei den Blautönen von „Fioritura“ funktionierte dieses Verfahren nicht. Emaillefarben lassen sich nicht mischen. Die Farbwirkung beim Rasterdruck wird vielmehr durch sehr kleine Pixel generiert. Außerdem gibt es zwei der Standardfarben im Vierfarbendruck – Cyan und Magenta – nicht in Emaille. Daher können einfach nicht alle Motive farbgenau mit der gewünschten Klarheit gebrannt werden.
Deshalb ging es zurück zum klassischen Siebdruck, in dem einzelne Emaillefarben aufgetragen werden. Der Siebdruck revolutionierte die Emailleschilderherstellung vor circa 100 Jahren, als man begann Schablonen auf Siebe aufzukleben. Später lernte man die Siebe photomechanisch zu bearbeiten. Dabei trägt man ein lichtempfindliches Material auf das Sieb auf, belichtet es und macht so den belichteten Teil wasserunlöslich. Dann kann man den nichtbelichteten Teil mit Wasser wegspülen und hat eine sehr feine Schablone.
In den Hochzeiten der Emailleschilderherstellung hätte man den Druck wohl als Lithographie mit einem Lithographiestein durchgeführt. Im Kunstdruckbereich ist das auch heute noch die „Königsdisziplin“. Bei der Emaillschilderherstellung fand diese Form der Lithographie bis zu den 1930er Jahren Anwendung, weil man die Steine oft für Plakate und Schilder gleichzeitig verwandt hat. Seither greift man aber auf den Siebdruck zurück, um Lithographien zu erstellen.
„Fioritura“ aufleuchten lassen und erspürbar machen, sie zum Leben zu erwecken, war das Ziel. Wir haben das Ziel erreicht Dank der Handwerkskunst des Teams der Emailschild Manufaktur Ernst Schmitt. Wir danken Markus Schmitt, dass er sich mit uns auf die Reise eingelassen hat.
Quellen und Lesenswertes für Interessierte:
Susanne und Alexander M. Zacke (1996) Emailschilder und Alte Reklame: Vom schlichten Werbeobjekt zum Begehrten Kunstwerk. München Wilhelm Heyne Verlag
Andreas Maurer und Koautoren (1987) Email-Reklame-Schilder von 1900 bis 1960. Museum für Gestaltung Zürich Kunstgewerbemuseum
Am Nonnenhof 9
60435 Frankfurt am Main
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